Städtische Unternehmen – zusammen für Bad Nauheimer Bürger und den Klimaschutz - Stadtwerke Bad Nauheim

Städtische Unternehmen – zusammen für Bad Nauheimer Bürger und den Klimaschutz

Veröffentlicht am: 03.07.2025

Interview mit den Geschäftsführern der Stadtwerke und der Wohnungsbaugesellschaft

Wie wichtig ist Klimaneutralität für Ihre Unternehmen, und welche Rolle spielen Sie in diesem Prozess?

 

Holger Münch (Geschäftsführer Bad Nauheimer Wohnungsbaugesellschaft mbH): Klimaneutralität ist für uns mehr als ein Ziel – es ist eine dringende Verantwortung. Rund 30 % der CO₂-Emissionen in Deutschland entfallen auf den Gebäudesektor. Das zeigt, wie groß unsere Hebelwirkung sein kann. Gleichzeitig stehen wir vor einer doppelten Herausforderung: Wir müssen den Gebäudebestand energetisch optimieren, ohne dass die Mieten für unsere Mietenden unerschwinglich werden. Das erfordert kluge Strategien und vor allem starke Partnerschaften, wie mit den Stadtwerken Bad Nauheim.

 

Dr. Thorsten Reichel (Geschäftsführer Stadtwerke Bad Nauheim GmbH): Der Energiesektor ist für die Treibhausgasemissionen in Deutschland sehr bedeutsam, hat aber auch schon sehr viel erreicht: Im Vergleich zu 1990 hat die Energiewirtschaft ihre Emissionen mehr als halbiert. Die Stadtwerke Bad Nauheim bemühen sich seit Jahren um Nachhaltigkeit. Mir ist das auch persönlich ein großes Anliegen. Dabei ist es wichtig, die Bürger der Stadt mitzunehmen. Ähnlich wie die Wobau für ihre Mietenden versuchen auch wir für unsere Kunden sowohl attraktive Angebote zu schnüren als auch zukunftsfähige Lösungen aufzubauen.

 

 

Welche Herausforderungen sehen Sie speziell in Ihren Branchen auf dem Weg zur Klimaneutralität?
 

Dr. Thorsten Reichel: Die Energiewende muss in den drei Sektoren Energie, Verkehr und Wärme stattfinden. Im Bereich Verkehr haben die Stadtwerke in Bad Nauheim in ihrem Einflussbereich schon viel erreicht (eigene Flotte, E-Bus, Ladeinfrastruktur öffentlich und Ladeinfrastruktur-Angebote für Privat und Gewerbe). An der Dekarbonisierung der Energieversorgung arbeiten wir. Wärme ist ein großes Handlungsfeld, auf dem noch viel zu tun ist. Hierbei geht es in Bad Nauheim in erster Linie um die Wärmeversorgung von Wohnhäusern. Als großer Vermieter ist die Wobau besonders angesprochen. Als städtische Gesellschaften arbeiten wir hier gerne zusammen.

 

Holger Münch: Unsere größte Herausforderung ist die energetische Optimierung unserer Gebäude. Viele unserer Immobilien wurden bereits vor Jahren mit Wärmedämmungen an Fassaden, Dachböden und Kellerdecken ausgestattet. Darüber hinaus verfügen wir über einige Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen – hier sind energetische Maßnahmen besonders komplex.

Die Umrüstung auf moderne, klimafreundliche Heiztechnik – wie z. B. Wärmepumpen oder zentrale Wärmeversorgungssysteme – ist technisch anspruchsvoll und erfordert hohe Investitionen.

Umso wichtiger sind langfristige Strategien, verlässliche politische Rahmenbedingungen und gezielte Förderprogramme, um Klimaschutz im Gebäudesektor wirtschaftlich und sozialverträglich realisieren zu können.

Zudem braucht es Innovationen am Markt – sowohl bei der Technik als auch bei der Zusammenarbeit mit Handwerk und Energieversorgern. Nur wenn alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette gemeinsam agieren, können die ambitionierten Klimaziele erreicht werden.

 

 

 

Wie kann eine Kooperation zwischen der Wohnungswirtschaft und Energieversorgern konkret aussehen? Gibt es Beispiele für Wärmelösungen der SWBN für die Wobau?

 

Holger Münch: Ein gutes Beispiel sind integrierte Energiekonzepte für ganze Quartiere. Das beginnt bei der Planung: Welche Gebäude brauchen welche Energieversorgung? Wie können wir Strom- und Wärmeerzeugung kombinieren? Und wie können wir Speichertechnologien einsetzen? Daher haben wir jüngst ein Unternehmen mit einer Bestandserfassung unseres kompletten Immobilienbestands beauftragt, um eine Grundlage für eine strategische Entwicklung unserer Immobilien für die Klimaziele zu haben. Die gewonnenen Ergebnisse werden wir mit den Stadtwerken durchsprechen, um gemeinsame Lösungen zu entwickeln.

 

Dr. Thorsten Reichel: Im Zuge der Wärmewende werden Gebäudeeigentümer verstärkt über andere Wärmeversorgungsoptionen nachdenken müssen. Nicht jede Lösung, die lange Jahre gut war, ist auch zukunftsfähig. Hier können die Stadtwerke der Wobau mit Rat und Tat zur Seite stehen und tun das als städtische Schwester-Gesellschaft natürlich auch gerne. Als „städtische“ Gebäude können die Wohnungen der Wobau auch Vorbildfunktion für andere Mehrfamilienhäuser übernehmen und zeigen, was technisch und auch wirtschaftlich möglich ist.

 

Anderes Thema, ebenfalls mit Klimaschutz im Fokus: Elektromobilität ist auf dem Vormarsch. Neben öffentlicher Ladeinfrastruktur sind auch Lademöglichkeiten „zuhause“ notwendig. Hier können die Stadtwerke ihr Know-how für Last- und Lademanagement im Mehrfamilienhaus einbringen.

 

 

Haben Sie bereits konkrete Beispiele für erfolgreiche Kooperationen?

 

Dr. Thorsten Reichel: Seit Jahren statten die SWBN Gebäude der Wobau mit Photovoltaikanlagen aus und sorgen so für ein Mehr an erneuerbarer Stromerzeugung. In einem Pilotprojekt wird gerade eine sogenannte „gemeinschaftliche Gebäudeversorgung“ aufgesetzt, vom Gesetzgeber als „bürokratiearme gemeinsame Eigenversorgung mit PV-Strom“ gedacht.

 

Im Glasfaserbereich haben wir schon früh gut zusammengearbeitet. Nahezu alle Gebäude der Wobau sind mit Glasfaser erschlossen. Ein unschätzbarer Start-Vorteil bei der jetzt anstehenden Inhouse-Verkabelung.

 

Die neuesten Wohngebäude der Wobau wurden von SWBN mit Ladeinfrastruktur für E-Autos ausgestattet.

 

Holger Münch: Ja, wir arbeiten bereits seit vielen Jahren vertrauensvoll mit den Stadtwerken zusammen. Wie bereits richtig betont wurde, möchten auch wir als kommunales Wohnungsunternehmen künftig verstärkt das Thema gemeinschaftliche Gebäudeversorgung in den Fokus rücken – insbesondere im Bereich Strom. Ein zentraler Bestandteil ist dabei der Ausbau von Photovoltaikanlagen auf unseren Dächern. Der dort erzeugte Solarstrom kann direkt an unsere Mietenden weitergegeben werden und ermöglicht so eine günstigere und nachhaltige Stromversorgung vor Ort. Selbstverständlich bleibt dabei der Hauptstromanschluss ans öffentliche Netz bestehen. Wenn die erzeugte PV-Energie nicht ausreicht, etwa an sonnenarmen Tagen oder in den Abendstunden, wird der fehlende Strom automatisch aus dem Netz bezogen. Unsere Mietenden profitieren dadurch nicht nur von potenziellen Kosteneinsparungen, wir leisten auch gemeinsam einen aktiven Beitrag zur kommunalen Energiewende.

Auch bei der Energieversorgung setzen wir auf enge Abstimmung: Gemeinsam mit den Stadtwerken schließen wir langfristige Strom- und Gasverträge ab. Diese strategische Partnerschaft bietet beiden Seiten verlässliche Planungsgrundlagen – und hat uns in den vergangenen Jahren dabei geholfen, Preissteigerungen effektiv abzufedern.

 

 

Wie reagieren Ihre Kunden auf solche Projekte? Gibt es Widerstände oder Bedenken?

 

Dr. Thorsten Reichel: Den Kunden der Wobau, also den Mietenden, ist wie den anderen Kunden der Stadtwerke eine zuverlässige, günstige Lösung wichtig. Wenn sie dann noch klimafreundlich ist, umso besser. Erfreulicherweise gibt es auch eine größere Anzahl von Kunden, die sich aktiv mit gutem Grund für den lokalen Versorger entscheiden. Da spielt mit, dass die Stadtwerke vor Ort sind, erreichbar, engagiert und die Wertschöpfung eben auch vor Ort hier in der Stadt bleibt. Auch der Anspruch der Stadtwerke an Nachhaltigkeit überzeugt immer mehr Kunden.

 

Holger Münch: Es gibt natürlich immer Fragen und manchmal auch Unsicherheiten, wenn Neuerungen kommen. Unsere Erfahrung zeigt: Information ist der Schlüssel. Deshalb leisten wir viel Aufklärungsarbeit – etwa durch Infobriefe, Mieterversammlungen oder direkte Ansprechpartner vor Ort. Gerade bei Maßnahmen im Bereich Energie und Nachhaltigkeit ist Transparenz besonders wichtig. In den letzten zwei Jahren haben wir zudem systematisch unsere Heizungsanlagen optimiert, um den Energieverbrauch zu senken. Die Ergebnisse sprechen für sich: Wir konnten bereits messbare Einsparungen erzielen – und das kommt am Ende auch den Mietenden zugute. Die Rückmeldungen auf diese Verbesserungen sind in der Regel positiv, besonders wenn spürbare Effekte wie sinkende Nebenkosten sichtbar werden. Damit verfolgen wir auch das Ziel, durch eine effizientere Energieversorgung auch die Belastung durch die CO₂-Steuer sowohl für uns als Wobau als auch für unsere Mietenden zu reduzieren. Davon profitieren letztlich alle Beteiligten.

 

 

Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Zusammenarbeit?

 

Dr. Thorsten Reichel: Auch eine gute Zusammenarbeit kann noch besser werden. Aus Sicht der Stadtwerke steht die große Welle der Wärmewende noch bevor. Hier möchten wir gerne im Schulterschluss mit der Wobau überzeugende Projekte voranbringen.

 

Holger Münch: Ich bin überzeugt, dass die Zusammenarbeit zwischen der Wobau und den Stadtwerken Bad Nauheim noch enger wird. Die Herausforderungen sind einfach zu groß, um sie allein zu bewältigen. Wir brauchen gemeinsame Strategien, insbesondere für den Gebäudebestand.